China ist fremd. Schon im 19. Jahrhundert erschien die chinesische Zivilisation manchen Autoren wie eine Gegenwelt des christlichen Abendlandes. Wo sich die Europäer einander die Hände schüttelten, verschränkte der Chinese seine eigenen, wo der Deutsche schwarz als Trauerfarbe trug, legte der Chinese weiß an. Dazu charakterisierten Denker wie Georg Friedrich Wilhelm Hegel China als hoffnungslos rückständig. Während der Westen die Dynamik verkörpere, sei China ein geschichtsloses Land, in dem sich nichts verändere. Die Chinesen selbst galten als gefühllos und grausam, hinterlistig und falsch.
Solche Vorstellungen ziehen sich durch viele Darstellungen von chinesischen Charakterenbis weit in das 20. Jahrhundert. Ihre Glaubwürdigkeit für ein Massenpublikum belegt, wie weit viele der Vorstellungen über „den Chinesen“ bis in die Gegenwart in den westlichen Köpfen stecken. Das gilt sowohlfür den grinsenden Zopfträger, den sowohl der Koch der Cartwrights in der Western-Serie „Bonanza“ wie auch der Wäschereiinhaber Ming Lee Foo in der Comic-Serie „Lucky Luke“ verkörpern. Aber das beste Beispiel ist sicher der Erzbösewicht Fu Manchu, der immer wieder durch finstere Methoden die Weltherrschaft zu erringen versucht.
China ist vertraut. Die große Zivilisation in Ostasien ist eigentlich weder so fremd noch so weit weg wie sie mitunter erscheinen mag. Verbindungen zwischen Ost und West bestehen seit der Steinzeit, als über die Steppen Asiens bereits die ersten Anbaumethoden von Kulturpflanzen ausgetauscht wurden. In der Antike gab es einen regen Seidenhandel vom China der Han bis ins Römische Reich. Der Handel mit Tee und Porzellan wie auch die Berichte der Jesuiten führten im 18. Jahrhundert zu einer regelrechten Chinamode und Gottfried Wilhelm Leibniz hielt es sogar für wünschenswert, dass China Missionare nach Europa senden solle, um den Westen an den Errungenschaften der chinesischen Zivilisation teilhaben zu lassen.
Und schliesslich haben Orient und Okzident sogar sehr konkrete kulturelle Gemeinsamkeiten. Dies gilt nicht nur für die Lehren des Konfuzius, dessen Vorstellungen vom guten Zusammenleben in einer Gesellschaft in vieler Hinsicht nahtlos auch in Europa Gültigkeit beanspruchen könnten. Dies gilt auch für die Musik. Zum einen weist die chinesische Tonleiter bemerkenswerte Übereinstimmungen mit unserem Tonsystem auf, wie sich schon an Glockenspielen aus dem ersten Jahrtausend vor Christus hören lässt. Zum anderen teilen China und Europa sogar die Quellen für ihre Instrumente. Vieles spricht dafür, dass der Ursprung der Streichinstrumente aus Zentralasien stammt, von wo sie sich in beide Richtungen verbreiteten. Über die Seidenstraße gelangten mit dem Bogen gestrichene Instrumente sowohl an den Hof der Tang-Dynastie wie auch über die Ausbreitung des Islam nach Mitteleuropa.